Hinweis: Der folgende Text ersetzt keine Rechtsberatung.
Bitte lesen Sie dazu unsere Hinweise unter "Wichtige Hinweise".



Modifizierte Unterlassungserklärung - Teil 5

Schadenersatz

Beim Schadenersatz kommt es in erster Linie darauf an, ob außer den Abmahnkosten oder Rechtsanwaltskosten noch weiterer Schadenersatz geltend gemacht bzw. vorbehalten wird. Für die Erstattung der Abmahnkosten ist der Verletzer nach §9 UWG verpflichtet, wenn die Abmahnung berechtigt und nicht missbräuchlich war.

In den meisten Fällen werden Anwälte es bei Erstattung des Honorars belassen. Es kann allerdings sein, dass ein Anwalt auch Schadenersatz über die Anwaltskosten hinaus für seinen Mandanten geltend machen will. Häufig wird dabei angeführt, dass ein Schadenersatz dem Grunde nach besteht, wenn ein Schaden nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht auszuschließen ist und das Eintreten eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist (BGHZ 130,205,220 - Feuer, Eis & Dynamit), (BGH GRUR 2001 78,79 - Falsche Herstellerpreisempfehlung).

Es geht dann dem Abmahner darum, einen generelle Schadenersatzpflicht vom Schuldner anerkennen zu lassen. Das bedeutet jedoch nicht, dass auch wirklich eine konkrete Schadenersatzpflicht besteht, denn der Abmahner muss einen eingetretenen Schaden nachweisen oder zumindest ausgiebig begründen. Im Zweifel kann ein Gericht auch einen Schaden schätzen, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für die Höhe eines möglichen Schadens bestehen.

Bei Patent-, Marken- oder Urheberverstößen kann manchmal durch unbefugte Nutzung von Inhalten oder Kennzeichen ein konkreter Schaden in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten auf Basis von nicht bezahlten Lizenzen ermittelt werden. In normalen Wettbewerbsstreitigkeiten ist dies nicht möglich und der Abmahner muss einen konkreten Schaden (z.B. entgangener Gewinn) nachweisen oder zumindest benennen können. Häufig werden solche Schadenersatzansprüche vorsorglich geltend gemacht in Verbindung mit einem Auskunftsanspruch. Dann kann der Abmahner sich ein Bild vom Umfang und den Auswirkungen der Verletzungshandlung machen.

Grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind Aufwendungen des Abmahners zur Schadensabwicklung da dies zum allgemeinen Lebensrisiko gehört und nicht in den Schutzbereich der Norm fällt (BGH NJW 1977,35 - BGHZ 127,348,352). Also der Zeitaufwand für Schadensberechnung, Prüfung und Verarbeitung der Auskunft, usw. kann nicht in Rechnung gestellt werden. Die Anwaltsgebühren decken als Pauschalleistung alle Tätigkeiten im Rahmen der außergerichtlichen oder gerichtlichen Tätigkeit ab (Pauschalcharakter der Gebühren). Ein Anwalt wird daher nicht allzu viel Herzblut in einen beweisaufwändigen Schadenersatzprozess stecken.

Es bleibt abzuwägen, ob man den Schadenersatzanspruch zurückweist oder eventuell eine Schadenersatzpflicht dem Grunde nach anerkennt aber im Einzelfall nur, wenn der Abmahner das Entstehen eines konkreten Schadens nachweisen kann. In der Regel wird ein Teil des Streitwerts auf den Schadenersatz- und den Auskunftsanspruch entfallen (wenn es gefordert wird). Das bedeutet, dass ggf. höhere Anwalts- und Gerichtskosten entstehen als nur bei der reinen Klage der Abmahnkosten.

Im Zweifel sollte man den Schadenersatzanspruch in der Unterlassungserklärung weglassen und das Honorar bezahlen. Man sollte vielleicht freiwillig zu den beanspruchten Auskünften Stellung nehmen (sofern möglich) und darlegen, dass ein konkreter Schaden fernliegt.
Es wird sich dann zeigen, ob der Anwalt die Sache weiterverfolgt.

Der Schadenersatzanspruch braucht nicht in die Abmahnung mit aufgenommen zu werden. Man kann dazu ebenso in einem separaten Schreiben Stellung nehmen. Auch kann man nachträglich die Schadenersatzpflicht "dem Grunde" nach anerkennen. Das geht bis zur Erwiderung auf eine zugestellte Klage. Die Kosten für eine Klagerücknahme können eventuell dem Beklagten auferlegt werden, sind aber gering (bei EUR 10.000 Streitwert fallen EUR 196 Gerichtskosten an).

Man sollte bei der Anerkenntnis von Schadenersatzansprüchen generell sehr vorsichtig sein und sich ggf. von einem Anwalt beraten lassen. Da die Unterlassungserklärung ein freiwilliger Vertrag ist, lassen sich diverseste Ansprüche darin manifestieren ohne dass eine wirkliche Anspruchsgrundlage besteht oder bestand (Vertrag ist Vertrag).

Ich selbst würde folgende Erklärung abgeben (wenn der Anwalt des Abmahners darauf besteht):
Die Unterlassungsschuldnerin erkennt eine Schadenersatzpflicht der Unterlassungsgläubigerin dem Grunde nach an, im konkreten Einzelfall jedoch nur, wenn das Entstehen und die Höhe eines Schadens von der Gläubigerin nachgewiesen wird. Die Unterlassungsschuldnerin behält sich die gerichtliche Überprüfung eines konkreten Schadenfalls vor. Die Kostenerstattungspflicht für die Abmahnkosten (in Höhe von ...) oder (auf Basis des Streitwerts von ...) wird uneingeschränkt anerkannt.

Auskunftsanspruch

Damit der Abmahner abschätzen kann, ob ein nennenswerter Schaden eingetreten ist und wenn ja, in welcher Höhe, kann er vom Verletzer eine detaillierte Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlung fordern. Denn es ist ihm nicht bekannt, welche konkreten Auswirkungen die Handlung hat und in welchem Umfang verletzt wurde.

Grundsätzlich kann der Abmahner nur Auskünfte über Verstöße NACH Verfassung der Abmahnung verlangen. Die Auskunftspflicht beschränkt sich zeitlich grundsätzlich auf den Zeitraum, ab dem die KONKRETE Verletzungshandlung schlüssig vorgetragen wird, in der Regel ab dem Datum der Abmahnung oder maximal ab dem Kenntniszeitpunkt des Abmahners. Da eine Abmahnung in der Regel sofort ausgesprochen wird, dürfte in aller Regel die Auskunftspflicht nur für Zeiträume ab dem Aussprechen der Abmahnung (Datum) bestehen. Deshalb sollte man die Verletzung als allererstes nach dem Zugang der Abmahnung einstellen.

Auskünfte dürfen auch grundsätzlich nur auf den konkreten Verletzungsfall erstrecken. Davon umfaßt werden prinzipiell zwar auch im Kern gleichartige Verstöße, aber nicht alle möglichen oder ähnlichen Verletzungshandlungen (BGH WRP 2006, 749 - Parfümtestkäufe). Das Auskunftsverlangen darf nicht dazu dienen, erst die Anspruchsgrundlagen (=konkrete Verletzungen) zu ermitteln, weil es sich dann um eine unzulässige Ausforschung unter Vernachlässigung allgemein anerkannter Beweisregeln (BGH GRUR 2001 841,844 - Entfernung der Herstellungsnummer II) handelt.

Beispiel:
Wird in einer Filiale irreführend geworben, besteht kein Anspruch zu erfahren, ob in anderen Filialen vergleichbar geworben wurde, ggf. zu anderen Zeiten und unter anderen Umständen (BGH GRUR 2000 907,910 - Filialleiterfehler). Jemand, der in einer Zeitung irreführend geworben hat, ist nicht dazu verpflichtet, über Werbung in anderen Printmedien Auskunfte zu erteilen (BGH WRP 2002 1266,1269 - Neu in Bielefeld II).

Konkreter Auskunftsanspruch in der Unterlassungserklärung:

Die Unterlassungsschuldnerin verpflichtet sich gegenüber der Unterlassungsgläubigerin innerhalb von zwei Wochen nach Abgabe der Unterlassungserklärung, Auskunft über den Umfang der genannten Verletzungen unter Punkt 1 ab dem (hier das Datum des Verstoßes bzw. Bekanntwerden des Verstoßes einsetzen) zu erteilen. Da eine Auswertung nach Auflage oder Zugriffszahlen der Ebay Angebote für die Unterlassungsschuldnerin mangels Wissen nicht möglich ist, wird ersatzweise Auskunft über die erzielten Umsätze und Erträge aus den Verletzungshandlungen angeboten.

Sofern man keinen grundsätzlichen Schadenersatz anerkennt, entfällt damit logischerweise auch der Auskunftsanspruch. Der Abmahner hat aber ggf. die Möglichkeit diesen Anspruch gerichtlich geltend zu machen (im Einzelfall abwägen).

Auflösende Bedingung

Empfehlenswert ist bei Modifizierung der Unterlassungserklärung auch das Aufnehmen einer auflösenden Bedingung. Das ist unschädlich für die Unterlassungserklärung, wenn mit Eintreten der Bedingung auch die Anspruchsgrundlage der Abmahnung entfällt. In aller Regel wird hier eine Änderung der Rechtslage aufgenommen.

Kündigung der Unterlassungserklärung

Prinzipiell gilt der geschlossene Unterlassungsvertrag 30 Jahre und zwar auch noch dann, wenn die abgemahnte Handlung später erlaubt ist. Die Handlung ist dann zwar objektiv nicht mehr rechtswidrig, löst aber trotzdem die vereinbarte Vertragsstrafe aus. Alternativ ist es auch möglich einen Unterlassungsvertrag bzw. eine Unterlassungserklärung zu kündigen wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach §313 BGB, wenn das beanstandete Verhalten (jetzt) rechtlich zulässig ist.

Die Störung der Geschäftsgrundlage führt zwar nicht generell zur Auflösung, sondern in der Regel nur zur Anpassung des Vertragsinhalts. Da die Anspruchsgrundlage im Falle einer Änderung der Rechtslage wegfällt, ist aber damit auch der Vertrag aufzulösen nach §313 Abs.3 S.2 BGB (BGH GRUR 2001 85,86 - Altunterwerfung IV).

Wichtig ist, dass man den Vertrag ERST auflöst oder kündigt und DANACH die beanstandete Handlung wiederaufnimmt. Denn eine vor der Kündigung angefallene und bereits bezahlte Vertragsstrafe ist nicht zurückzuzahlen.

Ändert sich die Rechtslage nachträglich und macht der Gläubiger dennoch eine vereinbarte Vertragsstrafe geltend, besteht auch die Möglichkeit des Einwands der "rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung des vertraglichen Vertragsstrafeanspruchs". Dabei ist geltend zu machen, dass dem Gläubiger der vertragliche Anspruch eindeutig nicht mehr zusteht.

Ein Beispiel könnte die aktuell umstrittene Länge der Widerrufsfrist bei Ebay Angeboten sein. Diese soll nach Feststellung einiger weniger OLG Urteile (OLG Hamburg, KG Berlin) auf 1 Monat anstelle von 2 Wochen verlängert werden, weil die Mitteilung in Textform bei Ebay Angeboten angeblich nicht möglich ist. Sollte es sich nachträglich durch ein BGH Urteil (=höchstrichterlich) Herausstellen, dass die 2 Wochen Frist nicht zu beanstanden ist oder sollte der Gesetzgeber die Rechtslage überarbeiten, liegt eine geänderte Rechtslage vor.

Beispiel für eine auflösende Bedingung

Die Abgabe dieser Unterlassungserklärung erfolgt unter der auflösenden Bedingung einer allgemein verbindlichen, auf höchstrichterlicher Rechtsprechung oder Gesetzesänderung beruhenden, Klärung des beanstandeten Sachverhalts.

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