Hinweis: Der folgende Text ersetzt keine Rechtsberatung.
Bitte lesen Sie dazu unsere Hinweise unter "Wichtige Hinweise".



Grundsätze für die Berechnung von Anwaltsgebühren - Teil 1

Höhe der Anwaltsvergütung

Die Höhe von Anwaltsgebühren richtet sich grundsätzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz RVG für Aufträge ab dem 01.07.2004. Für Aufträge die vorher erteilt wurden, gilt noch die alte Regelung der BRAGO (Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung). Das dürfte aber für aktuelle Fälle kaum mehr zutreffen.

Je nach Tätigkeitsbereich des Anwalts nach dem Vergütungsverzeichnis des RVG fallen entweder Satzgebühren oder Betragsrahmengebühren an. Satzgebühren richten sich nach dem Streitwert oder Gegenstandswert. Dort wo ein Gegenstandswert naturgemäß nicht ermittelt werden kann (Sozialrecht, Strafrecht und Bußgeldverfahren) gibt es Betragsrahmen, also einen Mindest- und einen Höchstbetrag. Betragsrahmengebühren spielen bei Streitigkeiten aus Abmahnungen oder im Wettbewerbsrecht keine Rolle. Es gibt noch Wertgebühren, die Pauschalgebühren für bestimmte Tätigkeiten sind. Dazu zählt z.B. die obligatorische Dokumentenpauschale.

Ermessenspielraum bei Gebühren

Es gibt bei den meisten Gebührenarten immer einen Spielraum für den Anwalt. Bei Satzgebühren, um die es bei Wettbewerbsstreitigkeiten hauptsächlich geht, gibt es einen Satzrahmen, der für die einzelnen Satzgebühren im Vergütungsverzeichnis festgelegt ist. Bei der außergerichtlichen Vertretung gibt es z.B. die Geschäftsgebühr 2300, für die ein Satzrahmen von 0,5 bis 2,5 zulässig ist. Damit soll dem Anwalt die Möglichkeit gegeben werden, auf die unterschiedlichen Mandate mit gleichem Streitwert differenzieren zu können.

Dabei gibt es im Satzrahmen immer eine untere Gebühr, eine Mittelgebühr und eine obere Gebühr. Bei der Geschäftsgebühr 2300 und einem Streitwert von
EUR 10.000 beträgt die einfache Gebühr nach VV RVG EUR 486,00. Bei einem besonders einfachen Fall könnte der Anwalt daher nur die untere Gebühr von 0,5 nehmen =EUR 234 oder bei einem besonders schwierigen oder arbeitsaufwändigen Fall auch das 2,5 fache =EUR 1.215.

Das ist ein ziemlich breiter Ermessenspielraum. Will man die Höhe des Satzrahmens als Anwalt nicht extra begründen, so nimmt man in der Regel die Mittelgebühr, die im vorliegenden Fall bei 1,5 liegt. Es gibt aber häufig auch gesetzlich ein reduzierter Gebührenrahmen, wenn die Tätigkeit nicht besonders schwierig und nicht besonders aufwändig war, im vorliegenden Fall auf 1,3 begrenzt. Die Gebühr wäre dann EUR 631,80 bei dem Streitwert von EUR 10.000 allerdings noch zzgl. des vollen MWSt-Satzes (aktuell 19%).

Obwohl die Möglichkeit besteht, auch in einfachen Fällen einen geringeren Satzrahmen anzusetzen, ist mir kein Anwalt bekannt, der freiwillig davon Gebrauch macht und seine eigene Rechnung damit kürzt. Das ist ein Punkt, auf den der Auftraggeber ggf. selbst hinweisen muss. In der Praxis wird fast ausschließlich die Mittelgebühr oder die gesetzlich reduzierte Gebühr für Standardfälle angetroffen.

Gründe für eine höhere Anwaltsvergütung (höherer Satzrahmen)

Höhere Satzrahmen können vom Anwalt zu Grunde gelegt werden, wenn die Tätigkeit im Verhältnis zum Streitwert sehr aufwändig war. Häufig sind die Tätigkeiten oder der Arbeitsaufwand für die Fallbearbeitung gleich, egal ob der Gegenstandswert EUR 5.000 oder EUR 50.000 ist. Für höhere Satzrahmen sprechen daher zeitaufwändige Tätigkeiten bei niedrigen Streitwerten wie Besprechungen mit dem Mandanten, Gegner oder Dritten, Sichten von Unterlagen, Recherchen und Studium von Fachliteratur und Rechtsprechung, Vorbereitung von Gerichts- oder Besprechungsterminen und Schriftsätzen.

Von Bedeutung sind auch der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit, wenn erhebliche Probleme bei der Bearbeitung des Mandats auftreten. Die Schwierigkeiten müssen nicht nur auf juristischem Gebiet liegen. Es kommt darauf an, ob der Fall objektiv schwierig ist und nicht ob ein z.B. ein unerfahrener Berufsanfänger mehr Zeit für die Fallbearbeitung braucht.

Auch die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten kann für einen höheren Satzrahmen sprechen, etwa wenn es bei Ausübung des Mandats um die Existenz des Mandanten gehen könnte. Aber auch die Einkommensverhältnisse des Mandanten können ggf. einen höheren Satzrahmen ausmachen. In der Regel sind dem beauftragten Anwalt aber die Einkommensverhältnisse seines Mandanten nicht bekannt.

Das Haftungsrisiko des Anwalts spielt bei Satzrahmen allerdings keine Rolle, da die Haftung sich proportional zum Gegenstandswert bemißt und in die Gebührensätze eingearbeitet ist. Lediglich bei Betragsrahmengebühren kann das Berücksichtigung finden, etwa im Sozial- oder Strafrecht.

Gründe für eine niedrigere Anwaltsvergütung (niedrigerer Satzrahmen)

Die Gründe für eine niedrigere Gebühr lassen sich aus den o.a. Hinweisen erschließen: Wenig Zeitaufwand bei hohem Streitwert, keine besondere Schwierigkeit des Falls, keine besondere Bedeutung für den Mandanten (0815) und schlechte wirtschaftliche Verhältnisse des Mandanten.

Anrechnung von Gebühren auf gerichtliche Verfahren

Grundsätzlich sind Gebühren einer außergerichtlichen Tätigkeit auf ein später folgendes Gerichtsverfahren anzurechnen. Beratungsgebühren sind in voller Höhe anzurechnen, die Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Vertretung zu 50%, maximal mit 0,75. Ist eine Erstberatung in Höhe von EUR 190,00 erfolgt und kommt es in derselben Sache anschließend zu einem Rechtsstreit, so ist die Beratungsgebühr darauf zu 100% anzurechnen. Ist eine außergerichtliche Vertretung mandatiert und kommt es anschließend zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, so sind die außergerichtlichen Kosten in der Regel zu 50% auf die Verfahrenskosten anzurechnen.

Hinweispflicht des Anwalts auf die Höhe der Gebühren

Durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz KostRMoG wurde der §49b der Bundesrechtsanwaltsordnung BRAO geändert und Absatz 5 hinzugefügt:

Richten sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert, hat der Rechtsanwalt vor Übernahme des Auftrags hierauf hinzuweisen.

Nach der Begründung des Gesetzes will der Gesetzgeber vermeiden, dass der Mandant von der Höhe der Gebührenabrechnung überrascht wird. Fehlt ein entsprechender Hinweis darauf, hat dies wohl nicht nur berufsrechtliche Konsequenzen, sondern dem Mandanten steht unter Umständen auch ein Schadenersatzanspruch zu, den er mit dem Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts aufrechnen kann.

Teil 2 der Grundsätze für die Berechnung von Anwaltsgebühren

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